Rede zum Haushalt 2025

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin,
Liebe Kaarsterinnen und Kaarster,
Liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

Noch nicht mal drei Monate des Jahres 2025 sind vergangen und doch ist gefühlt schon mehr passiert, als man in dieser Zeit verarbeiten kann. Die USA fallen auf absehbare Zeit als Partner für Deutschland und Europa aus. Tatsächlich blickt man morgens vorsichtig auf die Nachrichten und fragt sich ungläubig, was jetzt schon wieder los ist, was Trump jetzt schon wieder gepostet hat. Russlands Krieg gegen die Ukraine geht ins vierte Jahr und auch im Nahen Osten ist die Lage allen Ortens instabil.

In Deutschland wurde gewählt und die Finanzpolitik der vergangenen Jahre über den Haufen geworfen. Änderungen der Schuldenbremse und ein Sondervermögen in nicht gekanntem Ausmaß sind überfällige Antworten auf die weltpolitische Lage und die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte. Voraussichtlich werden mit dem neuen Finanzpaket über viele Jahre auch Milliardenbeträge für die Länder und Kommunen bereitgestellt. Eine dringend benötigte Chance, um die finanzielle Schieflage der Kommunen zu lindern und Investitionen z.B. in Gebäude- und Brückensanierungen, den Ausbau der Stromnetze und die Umsetzung der Energie- und Wärmewende sicherzustellen.

Erste Effekte der Haushaltskonsolidierung sichtbar

Doch kommen wir nach Kaarst: Vor etwa 11 Monaten haben wir hier gemeinsam ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Haushaltskonsolidierung beschlossen. Dieser Beschluss hat uns GRÜNEN einiges abverlangt, insbesondere bei den Änderungen der Elternbeiträge für Geschwisterkinder in OGS und Kita. Mittlerweile lässt sich festhalten, dass ein guter Teil der Maßnahmen konkretisiert und umgesetzt wurde, erste Effekte sind im Haushalt 2025 sichtbar. Dennoch liegen noch einige große Brocken vor uns, ich nenne beispielweise die Bereiche Kultur und VHS, die weiterhin einen hohen städtischen Zuschussbedarf haben.

Der Blick auf die mittelfristige Finanzplanung macht klar, dass wir in den nächsten Jahren Millionendefizite erwarten und absehbar nicht umher kommen, zusätzliche Einnahmen insbesondere im Bereich der Gewerbesteuer zu generieren. Unsere Ansiedlungspolitik wird von manchen als zu zögerlich kritisiert, aber es gibt nur wenige Kommunen im Umkreis, die eine ähnlich starke Flächenkonkurrenz haben, wie wir in Kaarst. Die Gewerbegebiete in Kaarst sind endlich und daher ist es richtig, dass die Vergabe von Grundstücken mit Weitblick und nach sorgfältiger Prüfung erfolgt.

Unsere Haushaltsanträge

Zusätzliche Einnahmen sind das Eine, reduzierte Ausgaben das Andere. Aus diesen Gründen haben wir uns trotz zahlreicher Ideen in diesem Jahr mit eigenen Haushaltsanträgen sehr zurückgehalten. Dennoch ist es uns wichtig, einige Schwerpunkte zu setzen: Gemeinsam mit unserem Koalitionspartner CDU haben wir erreicht, dass 2025 mehr Mittel für die Erneuerung von Kinderspielplätzen und Ersatzpflanzungen von Bäumen bereitgestellt werden. Um die Planungen zur zweiten Kaarster Stadtbuslinie weiter zu konkretisieren, haben wir zusätzliche Planungsmittel bereitgestellt. Darüber hinaus haben wir Haushaltsmittel für die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept in der mittelfristigen Finanzplanung verankert.

Uns GRÜNEN ist wichtig, dass die Investitionen in Bildung und Infrastruktur unvermindert weitergehen. Zwei wichtige Schulprojekte – an der Stakerseite und der KGS – sind endlich im Bau oder kurz davor; eine neue Kita geht im Sommer in Betrieb, eine weitere im kommenden Jahr. Die Brücke im Stadtpark wurde kontrovers diskutiert, aber es ist gut, dass sie erneuert wurde: Eine attraktive Stadtmitte lebt auch von kleinen Alleinstellungsmerkmalen.

Ein „Dauerbrenner“: Kaarster Umsetzungsstau

Die Bautätigkeit in Kaarst muss weiter gesteigert werden, um marode Gebäude zu sanieren, den Raumbedarf für OGS und die Rückkehr zu G9 sicherzustellen und mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. An all diesen Themen ist die Stadt dran, nur das Tempo stimmt noch nicht. Aus unserer Sicht ist ein großes „Sorgenkind“ der Tiefbau. Der Umsetzungsstau bestehender Beschlüsse nimmt hier teilweise groteske Züge an:
1.) Bereits im Februar 2019 wurde beschlossen, besonders frequentierte Haltestellen barrierefrei umzubauen. Laut §8 Personenbeförderungsgesetz hätte dieser bis zum 1. Januar 2022 erfolgen sollen. Außer Planungen ist bislang nichts passiert. Es ist immer noch unklar, wann der dringend überfällige barrierefreie Ausbau der Haltestellen beginnen wird.
2.) Im April 2022 wurde das Teilkonzept Radverkehr der Mobilitätskonzepts beschlossen. Die Verwaltung kann Stand heute nicht sagen, wann die Markierungsarbeiten in der Bismarckstraße und der größere Umbau der Erftstraße realisiert werden. Ursprünglich geplant war Frühjahr 2023 bzw. 2024.
3.) Der Kreisverkehr in der Stadtmitte. Mindestens seit 2020 ein polizeilich bekannter Unfallschwerpunkt, der dringendes Handeln erfordert. Vor über einem Jahr wurden konkrete Maßnahmen im Mobilitätsausschuss vorgestellt, für Juni 2024 wurde ein Bauprogramm in Aussicht gestellt. Aber: Bis heute wurde nur die Bepflanzung geändert, man bekommt den Eindruck, dass die beteiligten Bereiche gegeneinander anstatt miteinander arbeiten.

Was diese Maßnahmen gemeinsam haben: Wir sind zwar in der Haushaltskonsolidierung, aber die Umsetzung scheitert in der Regel – noch – nicht am Geld. Als Stadtrat haben wir auf dem Papier eine Steuerungsmöglichkeit, in dem wir Haushaltsmittel bereitstellen und Beschlüsse fassen. De facto wird uns diese Steuerungsmöglichkeit aber in einigen Bereichen genommen, da die Maßnahmen jahrelang nicht umgesetzt werden. Effektiv sind wir als Politik quasi handlungsunfähig, und das macht was mit der Motivation der Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren.

Natürlich ist uns klar, dass es insbesondere in den technischen Berufen schwierig ist, ausreichend qualifiziertes Personal zu finden. Das Zauberwort „Personalmangel“, das immer als erste Begründung genannt wird, wenn man nachfragt, ist aber erst einmal nur eine Feststellung des Problems und kein Lösungsvorschlag. Wenn man das Problem erkannt hat, muss man schauen, was man dagegen tun kann. Diese Aufgabe sehen wir bei der Verwaltungsspitze.

Große Aufgaben benötigen bessere Zusammenarbeit

Uns GRÜNEN ist bewusst, dass in der nächsten Ratsperiode große Aufgaben vor uns stehen: Wirksame Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung, die Sanierung der städtischen Gebäude mit dem Ziel der Klimaneutralität im Blick, eine Generalsanierung des Kanalnetzes und die Kommunale Wärmeplanung, um einige zu nennen. Zahlreiche Gebäude und auch ein großer Teil unserer Infrastruktur kommen aus einer Zeit, in der viel gebaut wurde und nähern sich nun dem Ende ihrer Lebenszeit. Um diese Herausforderungen anzugehen, brauchen wir kürze Entscheidungsabläufe, eine bessere Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung und auch zwischen Politik und Verwaltung. Das sind strategische Fragestellungen, die Personal benötigen, das nicht nur von heute auf morgen denkt, sondern auch die nächsten zehn bis fünfzehn Jahre im Blick hat.

Einer, den wir dabei leider nicht mehr an Bord haben, ist Herr Meuser. Wir möchten uns bei Ihnen herzlich für die konstruktive und verlässliche Zusammenarbeit bedanken. An einer Schlüsselstelle in der Kaarster Verwaltung haben Sie gezeigt, dass Sie mehr können, als nur Haushalt und Finanzen. Viele wichtige und strategische Entscheidungen bei den Stadtwerken und den Liegenschaften wurden umgesetzt oder auf den Weg gebracht und auch im Bereich Jugendhilfe haben Sie sich den Respekt unserer Fraktion erarbeitet. Wir wünschen Ihnen alles Gute für die neue Herausforderung in Grevenbroich.

Im Rahmen der Haushaltsberatungen konnte der Ansatz auf nun 7,8 Millionen Euro Defizit verringert werden, wobei hier der sogenannte Globale Minderaufwand bereits eingerechnet ist. Damit ist deutlich, dass auch Herr Dr. Semmler als neuer Kämmerer sich an erster Stelle um die Fortsetzung des Konsolidierungsprozesses kümmern muss. Wir erachten es als großen Vorteil, dass Sie mit der Stadt und den bisherigen Ergebnissen intensiv vertraut sind und nun keine Verzögerungen, kein Bruch droht. Als konstruktiver Partner möchten wir Ihnen weiterhin unsere Unterstützung und Gesprächsbereitschaft anbieten.

Unsere Fraktion wird dem Haushalt 2025 zustimmen.