Ceta verhindern, öffentliche Daseinsvorsorge schützen!

Resolution des Rates der Stadt Kaarst am 29. September 2016

Sehr geehrte Frau Dr. Nienhaus,

die Fraktion der Kaarster Grünen bittet, folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Sitzung des Stadtrates am 29. September 2016 zu setzen. Die Dringlichkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass CETA zwischenzeitlich ausverhandelt ist und der Entscheidungsprozess in der nächsten Zeit ansteht.

Antrag:

Der Rat der Stadt Kaarst beauftragt die Bürgermeisterin, den lokalen Landtags- und Bundestagsabgeordneten die Ablehnung des Rates der Stadt Kaarst des Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) zu übermitteln und diese aufzufordern, sich gegen die Verabschiedung einzusetzen, da mit der Verabschiedung die kommunale Daseinsvorsorge geschwächt werden würde.

Begründung:

Das Handels- und Investitionsabkommen mit Kanada (Comprehensive Economic and Trade Agreement, CETA) ist fertig verhandelt und liegt in seiner endgültigen Fassung vor. Neben dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU (TTIP), hätte auch das Abkommen zwischen Kanada und der EU (CETA) in der derzeitigen Form zahlreiche negative Auswirkungen auf das Land sowie die Städte und Gemeinden in NRW.

Handelsabkommen, die Demokratie und Rechtstaatlichkeit gegenüber den Interessen von Unternehmen schwächen, die negative Folgen für die kommunale Daseinsvorsorge beinhalten, die Umwelt- oder Verbraucherschutzstandards direkt oder indirekt absenken oder die Einführung neuer Standards behindern, oder die zwischen Industrieländern gänzlich unnötige Investor-Staatsklagen im Vertrag verankern, dürfen nicht in Kraft treten.

CETA etabliert Klageprivilegien für Unternehmen: Nach wie vor sind in CETA Klageprivilegien für ausländische Investoren über den Investor-Staat-Schiedsmechanismus (ISDS) vorgesehen. Die sogenannten „Investor-Staat-Schiedsgerichte“ werden immer häufiger von internationalen Konzernen dazu genutzt, Staaten auf milliardenschwere Entschädigungszahlungen zu verklagen.

Darüber hinaus sind die öffentlichen Dienstleistungen nicht von den in CETA verankerten Investitionsschutzbestimmungen ausgenommen. Auf diese Weise werden Klagen von kanadischen Investoren oder Firmen mit Dependancen in Kanada gegen Maßnahmen zur Sicherstellung der kommunalen Daseinsvorsorge vor einem umstrittenen Schiedsgericht ermöglicht.

Europa und Kanada haben starke Rechtssysteme. Es gibt bereits intensive Handels- und Investitionsbeziehungen zwischen diesen Ländern, auch ohne Investorenprivilegien. Eine funktionierende Infrastruktur oder gut ausgebildete Fachkräfte sind weitaus wichtiger für Investoren als ISDS.

Kommunale Dienstleistungen sind vielfältig und unterliegen einem ständigen Wandel. Mit CETA droht die kommunale Handlungsfähigkeit eingeschränkt zu werden. Denn CETA zielt auf eine umfassende Öffnung der Märkte für Dienstleistungen und enthält keine generelle Ausnahme für die kommunale Daseinsvorsorge. Durch CETA entsteht ein Liberalisierungs- und Privatisierungsdruck, zum Beispiel in so sensiblen Bereichen wie der Versorgung der Bevölkerung mit sauberem und preiswertem Trinkwasser.

Auch wir im Rhein-Kreis Neuss mit den Kreiswasserwerken Grevenbroich und unseren Stadtwerken wären mittelfristig negativ betroffen.

CETA verwendet einen sogenannten Negativlistenansatz. Das heißt, dass alle Dienstleistungen, die nicht privatisiert werden sollen, ausdrücklich gelistet werden müssen. Zwar erlaubt das CETA-Abkommen Ausnahmen für öffentliche Dienstleistungen der kommunalen Daseinsvorsorge. Nicht explizit genannte Dienstleistungen fallen allerdings automatisch in den Bereich der Liberalisierung. Das betrifft auch solche Dienstleistungen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses von CETA nicht existieren, denn die Ausnahme für neue Dienstleistungen ist unbestimmt und erzeugt große Rechtsunsicherheit. Dies hat zur Folge, dass im besten Fall selbst bei einer umfassenden Negativliste nur der Status quo der Daseinsvorsorge fixiert wird.

Öffentliche Verantwortung für öffentliche Dienstleistungen darf nicht durch Handelsabkommen unterlaufen werden. Sensible Bereiche sind deshalb kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale Dienstleistungen sowie öffentliche Infrastruktur. Diese müssen klar und eindeutig ausgenommen und dauerhaft geschützt werden von einer Ökonomisierung. Viele weitere Aspekte und Kritikpunkte gibt es zu benennen, für die kommunale Befassung dürften dies allerdings die wichtigsten Aspekte sein, warum CETA in der vorgelegten Form für die Stadt Kaarst abzulehnen ist.

Wir bitten die anderen Fraktionen um Zustimmung.

Freundlicher Gruß

Christian Gaumitz