Position der GRÜNEN zum Radentscheid

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Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Kaarst hat am 16. Dezember 2021 im Stadtrat für eine Ablehnung des Bürgerbegehrens „Radentscheid Kaarst“ gestimmt und folgte damit dem Beschlussvorschlag der Verwaltung.

Ein Radentscheid für Kaarst – das hört sich zunächst gut und grün an. 

Aber warum lehnen die GRÜNEN in Kaarst diesen Radentscheid ab? Sind nicht sowohl Fahrradkonzepte als auch basisdemokratische Elemente wie Bürgerbegehren ur-grüne Themen, quasi in der DNA der GRÜNEN enthalten?

In diesem Fall ist es etwas komplizierter, denn der Stadtrat hat 2019 ein „Mobilitätskonzept für die Stadt Kaarst“ in Auftrag gegeben, dessen konkreter und sehr umfangreicher Entwurf zum Thema Radverkehr seit November 2021 vorliegt. Hier kommen unsere Gründe für die Ablehnung des Bürgerbegehrens:

  1. Mobilitätskonzept weitergehender als Bürgerbegehren
    Das Mobilitätskonzept für Kaarst (https://www.kaarst.de/bauen-verkehr-und-umwelt/verkehr/mobilitaetskonzept) befindet sich kurz vor der Fertigstellung und enthält deutlich weitergehende Maßnahmen für den Radverkehr, als das Bürgerbegehren „Radentscheid Kaarst“. Viele der im Bürgerbegehren genannten Forderungen zur Beseitigung von Mängeln des derzeitigen Radwegenetzes finden sich auch im Mobilitätskonzept wieder.
  2. Umfangreiche Bürgerbeteiligung hat stattgefunden
    Für das Mobilitätskonzept wurde durch das Ingenieurbüro Runge IVP ein zusammenhängendes Radwegenetz erarbeitet, das wir GRÜNE in den nächsten Jahren schrittweise umsetzen werden. Bei der Erstellung des Mobilitätskonzepts wurden sowohl die Ergebnisse einer umfangreichen Bürgerbeteiligung mit mehr als 650 Eingaben als auch Stellungnahmen vom ADFC, Kaarster for Future, dem Fahrradbeauftragten, der Feuerwehr sowie des Ordnungsamts berücksichtigt. Des Weiteren flossen Daten aus Verkehrszählungen von Pkw und Radverkehr sowie die geplante Entwicklung der Wohn- und Gewerbegebiete bis 2035 in das Konzept ein. 
  3. Viele Maßnahmen bereits beschlossen
    Für mehrere der im Bürgerbegehren genannten Straßenabschnitte hat die schwarz-grüne Koalition bereits im zuständigen Mobilitätsausschuss Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs beantragt und beschlossen. Dies betrifft unter anderem die Lange Hecke, Driescher Straße, Novesiastraße oder Königstraße, auf denen die Sicherheit der Radfahrenden durch Tempo 30 verbessert werden soll. Die Markierung der Aufstellfläche an der Einmündung der Bismarckstraße in die Kaarster Straße wurde bereits umgesetzt. Das Bürgerbegehren enthält allerdings auch Forderungen, die den in den letzten Jahren getroffenen Ratsentscheidungen widersprechen. Diese lehnen wir ab, da ansonsten Verzögerungen bei der Entwicklung eines Gewerbegebiets zu erwarten wären. 
  4. Trendwende eingeleitet – auch ohne Bürgerbegehren
    Unabhängig von den Forderungen des Bürgerbegehrens hat die schwarz-grüne Ratsmehrheit seit der Kommunalwahl im September 2020 erhebliche Verbesserungen für den Radverkehr in Kaarst auf den Weg gebracht, unter anderem durch die Erhöhung der Haushaltsmittel zur Sanierung städtischer Radwege von jährlich 97.000 € auf 200.000 €, rote Markierungen an Gefahrenstellen und den Abbau von Umlaufgittern und Barrieren im gesamten Stadtgebiet. Eine ausführliche Auflistung finden Sie am Ende dieser Stellungnahme.
  5. Mobilitätswende ganzheitlich denken
    Aus Sicht der GRÜNEN beinhaltet eine Mobilitätswende viele Maßnahmen zur Verbesserung des Radverkehrs, aber eben auch eine Weiterentwicklung des ÖPNVs, der Situation der Fußgänger, der Pendler und letzten Endes auch eine nachhaltige Ausrichtung des motorisierten Individualverkehrs. Da das Mobilitätskonzept alle diese Verkehrsteilnehmer ganzheitlich betrachtet – und nur eine derartige Ganzheitlichkeit ist am Ende zielführend – sehen wir darin eindeutig die nachhaltigere und weitreichendere Strategie. Daher setzen wir auf die Expertise des Verkehrsplaners und ein umfangreiches Gesamtkonzept statt auf Einzelmaßnahmen.
  6. Haushaltslage beachten
    Eine Zustimmung zum Radentscheid würde bedeuten, die Haushaltsmittel im Bereich Verkehr für viele Jahre zu binden, sodass gerade vor dem Hintergrund der Haushaltskonsolidierung wenig Spielraum für die Umsetzung anderer sinnvoller Maßnahmen aus dem Mobilitätskonzept vorhanden wäre. Die Kosten für die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Radentscheid werden von der Verwaltung auf ca. 2,7 Millionen Euro geschätzt.
  7. Politischer Auftrag klar formuliert
    Die GRÜNEN bedanken sich bei den mehr als 2.500 Unterzeichnern des Bürgerbegehrens. Wir leiten hieraus einen klaren politischen Auftrag ab, die Situation für Radfahrende in Kaarst zu verbessern. Diesem Auftrag werden wir unabhängig vom Ausgang des Bürgerentscheids in den nächsten Jahren nachkommen!

Erfolge seit der Kommunalwahl

Seit der Kommunalwahl im September 2020 konnten wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner CDU folgende Verbesserungen für Radfahrende in Kaarst erreichen:

  • Rote Markierungen an zahlreichen Kreuzungen und Einmündungen städtischer Radwege
  • Sanierung der Wirtschaftswege Am Ringofen und Alt-Vorst, zwei häufig von Radfahrenden genutzten Verbindungen zwischen Holzbüttgen, Vorst und Driesch, die zudem Teil des überregionalen Radwegenetzes sind
  • Sanierung des Radwegs Driescher Straße
  • Sanierung des Radwegs entlang der Neersener Straße (L 390) durch den Landesbetrieb Straßen.NRW
  • Entfernung zahlreicher Umlaufgitter und sonstiger Barrieren in den Ortsteilen Vorst, Driesch und Büttgen
  • Versetzung der Umlaufgitter in der S-Bahn-Unterführung Büttgen sowie am Regiobahn-Haltepunkt Kaarst Mitte
  • Verlängerung der Stelle des ehrenamtlichen Fahrradbeauftragten
  • Erhöhung der Haushaltsmittel zur Sanierung städtischer Radwege von jährlich 97.000 € auf 200.000 € für die gesamte Ratsperiode (2021 – 2025). Für das Haushaltsjahr 2022 stehen sogar ca. 250.000 € zur Verfügung

Weitere Maßnahmen sind beschlossen, Umsetzung steht noch aus

Zudem haben wir gemeinsam mit unserem Koalitionspartner CDU folgende Verbesserungen für Radfahrende in Kaarst beschlossen, deren Umsetzung durch die Verwaltung jedoch noch aussteht:

  • Rote Markierungen entlang weiterer Orts-, Kreis- und Landesstraßen
  • Prüfung von Tempo-30-Geschwindigkeitsbegrenzungen, u.a. für die Lange Hecke, Königsstraße, Kreuzstraße, Driescher Straße, Novesiastraße, Rottes, Wattmannstraße, Girmes-Kreuz-Straße und Königsberger Straße
  • Öffnung der Eduard-Klüber-Straße in Gegenrichtung für Radfahrende
  • Prüfung auf Entfernung von Umlaufgittern und sonstigen Barrieren in den Ortsteilen Holzbüttgen und Kaarst
  • Änderung der Ampelschaltung am Kaarster Bahnhof (Kreuzung L 390 / L 154), Haushaltsmittel wurden im Haushalt 2022 bereitgestellt
  • Prüfung auf Einrichtung einer Fahrradstraße in der Straße Hinterfeld
  • Sanierung weiterer Radwege im Rahmen des städtischen Radwegesanierungsprogramms
  • Mitgliedschaft in der AGFS, der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW, Haushaltsmittel wurden im Haushalt 2022 bereitgestellt