Aktion „Seebrücke“

Antrag zur Sitzung des SozialAS am 12.11.2019:

Antrag

  1. Die Verwaltung wird beauftragt, die Aktion „Seebrücke“ zu unterstützen und Kaarst im Rahmen dieser Aktion zum „Sicheren Hafen“ zu erklären, indem mindestens einer der von der Aktion geforderten Punkte umgesetzt wird (s.u.).
  2. Die Verwaltung wird beauftragt, sich dem Bündnis „Städte sicherer Häfen“ anzuschließen und dementsprechend die sog. „Potsdamer Erklärung“ zu unterzeichnen (s.u.). 

Begründung

zu 1.: Menschen weiterhin auf dem Mittelmeer sterben zu lassen, um Europa abzuschotten und politische Machtkämpfe auszutragen, ist unerträglich; das Geschachere um Menschen in Not, die von den zivilen Seenotrettern an Bord genommen wurden, aber in keinem europäischen Hafen aufgenommen werden, ist erbärmlich. Wo europäische und bundespolitische Politik die Verantwortung nicht übernimmt, kann und muss die Kommunalpolitik aktiv werden. 

Die Bewegung „Seebrücke“ hat sich Ende Juni 2018 gegründet, als die „Lifeline“ mit 234 Menschen an Bord tagelang auf hoher See ausharren musste, und ist seitdem zu einer internationalen Bewegung gewachsen, für die bereits mehr als 150.000 Menschen auf die Straße gegangen sind. Seit der Gründung der „Seebrücke“ haben sich zahlreiche Städte, Gemeinden und Kommunen mit der „Seebrücke“ solidarisch erklärt. Sie stellen sich gegen die Abschottungspolitik Europas und leisten selbst einen Beitrag, um mehr Menschen ein sicheres Ankommen zu ermöglichen. 90 kleine und große Orte, 21 davon in NRW, haben sich zu „Sicheren Häfen“ erklärt, indem sie mindestens eine der Forderungen der „Seebrücke“ umsetzen: (zitiert nach https://seebruecke.org/wp-content/uploads/2019/01/Forderungen-Sicherer-Hafen.pdf):

  • Öffentliche Solidaritätserklärung: sich mit Menschen auf der Flucht und den Zielen der „Seebrücke“ solidarisch erklären
  • Aktive Unterstützung der Seenotrettung: sich öffentlich gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung auf dem Mittelmeer positionieren und diese aktiv unterstützen sowie die Patenschaft und finanzielle Unterstützung für ein ziviles Seenotrettungsschiff übernehmen                      bzw. sich daran beteiligen.
  • Aufnahme zusätzlich zur Quote: die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen zusätzlich zur Verteilungsquote von Schutzsuchenden sicherstellen (z.B.: „Die Stadt Kaarst erklärt sich bereit, aus Seenot gerettete                        Menschen, beispielsweise von einem zivilen Seenotrettungsboot, ähnlich eines Relocation-Programms, direkt aufzunehmen und unterzubringen. Diese Aufnahme geschieht zusätzlich zur Verteilungsquote Asylsuchender. Hierzu wird ein Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Inneres und Sport, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Bundesland NRW hergestellt.“)
  • Aufnahmeprogramme unterstützen: sich gegenüber dem Bundesland NRW und der Bundesregierung für die Einrichtung neuer bzw. die deutliche Ausweitung bestehender Programme zur legalen Aufnahme von Flüchtenden einsetzen und dazu selbst zusätzliche               Aufnahmeplätze anbieten (z.B.: „-Die Stadt Kaarst fordert die Regierung des Bundeslandes NRW auf, ein eigenständiges humanitäres Aufnahmeprogramm für Flüchtende gem. §23 Absatz 1             AufenthG einzuführen und damit Flüchtenden die legale Einreise nach Deutschland und einen legalen Aufenthalt zu ermöglichen. -Die Stadt Kaarst fordert die Regierung des Bundeslandes NRW und die Bundesregierung auf, im Rahmen des Resettlements gem. §23                      Absatz 4 AufenthG und anderen Programmen der legalen Aufnahme von Flüchtenden dauerhaft und verlässlich erheblich höhere Aufnahmequoten als bisher zu vereinbaren. Nur so kann Deutschland seiner Verantwortung nachkommen, Menschen die Flucht auf                                  gefährlichen illegalisierten Wegen ersparen.
  • Die Stadt Kaarst erklärt sich dem Bundesland NRW und der Bundesregierung gegenüber bereit, zusätzliche Aufnahmeplätze für Einreisende in diesen Programmen verlässlich zur Verfügung zu stellen. -Zudem setzt sich die Stadt Kaarst über das Land NRW für die Streichung des Satzes 3 des §23 Abs. 1 AufenthG ein, wodurch              die Zustimmungserfordernis des Bundes für eine Flüchtlingsaufnahme entfiele.
  • Die Stadt Kaarst fordert die Einführung einer eigenständigen Norm zur kommunalen Aufnahme entsprechend dem §23 Abs. 1 AufenthG zur eigenständigen Aufnahme durch die Länder.“)
  • Kommunales Ankommen gewährleisten: für ein langfristiges Ankommen sorgen, indem alle notwendigen Ressourcen für eine menschenwürdige Versorgung, insbesondere in den                       Bereichen Wohnen, medizinische Versorgung und Bildung, zur Verfügung gestellt werden
  • Nationale und europäische Vernetzung: sich auf regionaler, nationaler und europäischer Ebene aktiv für die Umsetzung der oben genannten Punkte einsetzen.
  • Bündnis Sichere Häfen: sich an der Gründung eines Bündnisses aller Sicheren Häfen in Europa zur aktiven Gestaltung einer menschenrechtskonformen europäischen                                     Migrationspolitik beteiligen 
  • Transparenz: alle unternommenen Handlungen veröffentlichen, mit denen Kaarst zu einem Sicheren Hafen wird.
  • Die Umsetzung mindestens einer dieser Punkte ist aufwandsarm, kurzfristig möglich – und menschlich geboten. Die Umsetzung aller Punkte sollte mittelfristig angestrebt werden.

Zu 2.: 13 der Sicheren Häfen sind mittlerweile einen Schritt weiter gegangen und haben ein kommunales Bündnis „Städte Sicherer Häfen“ gegründet. Das Bündnis hat gemeinsam die Potsdamer Erklärung (https://www.potsdam.de/sites/default/files/documents/2019_06_03_potsdamer_erklaerung.pdf) unterzeichnet, mit der die Kommunen ihre Bereitschaft erklären, die „aus Seenot Geretteten zusätzlich aufzunehmen“. Sie fordern von „der Bundesregierung und dem Bundesinnenminister die schnellstmögliche Zusage, dass wir aufnahmebereiten Kommunen und Gemeinden die aus Seenot im Mittelmeer geretteten Geflüchteten auch aufnehmen können.“ 

Wir stehen heute auch in der Tradition der Kaarsterinnen und Kaarster, die nach 1945 Flüchtlinge aufnahmen – über 2500, wie im Bildband zur Kaarster Stadtgeschichte nachzulesen ist; viele heutige Kaarsterinnen und Kaarster sind selbst Nachkommen dieser Flüchtlinge. Auch deshalb sollte sich Kaarst diesem Bündnis anschließen, aus humanitären wie aus solidarischen Gründen: Je mehr Kommunen sich dazu bereit erklären, desto größer wird nicht nur der Druck auf die Bundesregierung, desto kleiner wird auch die mögliche „Belastung“ für die einzelne Kommune. 

Freundlicher Gruß

Claude Köppe