Wenngleich es noch ein Jahr hin ist bis zur nächsten Kommunalwahl, möchten wir ein erstes Fazit zur Kaarster Schulpolitik in dieser Ratsperiode ziehen.
1.) Sanierungsstau
Jahrzehntelanger Sanierungsstau an Kaarster Schulen macht das Feld der Schulpolitik vornehmlich zu einem Bereich, der mit Neubau- und Sanierungsfragen beschäftigt ist, die in dieser Ratsperiode von unzähligen Problemen und Komplikationen überschattet waren: Angefangen mit einer 2022 von der Verwaltung viel zu spät übermittelten Kostenexplosion beim geplanten Neubau der Grundschule Stakerseite, welche das Bauvorhaben zwar glücklicherweise nicht kippte, aber immerhin doch stark verzögerte, über eine mehrfach verschobene Erweiterung der OGS-Gebäude der Katholischen Grundschule wegen diverser Ausschreibungsfehler (und ebenfalls überraschender Kostenexplosion) bis hin zu einem noch nicht abgeschlossenen Mängelcontrolling bei der Emmy-Noether-Gesamtschule in Büttgen, welches noch bis Ende des Jahres dauern soll.
Die Probleme um den Neubau Stakerseite sind politisch über die Wiedereingliederung der Gebäudewirtschaft Kaarst in die Kernverwaltung und die Einrichtung eines Arbeitskreises zur Neubaubegleitung angegangen worden. Auch wenn im Moment noch keine Bauaktivität sichtbar ist, so befindet sich das Projekt finanziell und zeitlich jetzt auf einem guten Weg, um hoffentlich Anfang 2027 bezugsfähig zu sein. Allerdings hat die Verzögerung u.a. auch dazu geführt, dass die Stadt zur Überbrückung der nächsten Jahre ein weiteres Raummodul auf das Gelände der alten GS Stakerseite platzieren musste. Da bei Umzug der Stakerseite eine temporäre Nachnutzung des Altstandorts durch die Matthias-Claudius-Grundschule geplant ist, sodass diese endlich saniert und erweitert werden kann, ist diese Investition gut vertretbar.
Auch die Erweiterung des OGS-Trakts der Katholischen Grundschule hat zwischenzeitlich wieder Fahrt aufgenommen: Bis Ende des Jahres soll die Vergabe der Bauleistungen erfolgen. Hierfür wurde ebenfalls ein Arbeitskreis eingerichtet, der das Auge auf die Bedürfnisse der Schule und die finanzpolitisch notwendigen Ziele der Stadt halten wird, damit unglückliche Überraschungen in der Entwicklung der Vergangenheit angehören.
Der erwähnte Sanierungsstau betrifft leider fast alle Schulen und sorgt dafür, dass ungeplante Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen immer wieder dazwischengeschoben werden müssen, um rechtlichen Anforderungen Genüge zu leisten und einer weiteren Degradierung der Gebäude entgegenzuwirken. Vor diesem Hintergrund zusätzliche, schulpolitisch notwendige Sanierungs-, Erweiterungs- und Neubaumaßnahmen auf den Weg zu bringen, ist eine große Herausforderung. Zumal die Bürgermeisterin im letzten Hochbau-Ausschuss verkündet hat, dass in den nächsten zwei Jahren alle personelle Kraft in die zwei zuvor genannten Projekte, Stakerseite und Katholische Grundschule, fließen soll und es für weitere Projekte keine Kapazitäten gäbe.
2.) OGS-Rechtsanspruch
Trotzdem sind Stadt und Politik gezwungen, jetzt bereits ernsthaft weitere Projekte zu planen, da in rund zwei Jahren, d.h. ab August 2026, die ersten Grundschulkinder ihre Schullaufbahn mit dem Recht auf einen Platz im Offenen Ganztag starten werden. Dieser Anspruch wird jedes Jahr um eine Klassenstufe erweitert werden. Spätestens ab August 2029 soll dann für jedes Grundschulkind der Anspruch auf ganztägige Betreuung gelten. Eltern können natürlich selbst entscheiden, ob sie das Angebot der Ganztagsbetreuung wahrnehmen möchten. Wer einen Platz hat, soll dann – bis auf vier Wochen im Jahr – auch über die Schulferienzeit Betreuung in Anspruch nehmen dürfen. Soweit die politische Vision, deren Umsetzung von uns und auch von Familien dringend eingefordert wird.
Die kommunale Wirklichkeit im Jahr 2024 sieht wie folgt aus:
Wegen der hohen Nachfrage an OGS-Plätzen wird im Moment für die Grundschule Budica, die GGS Vorst sowie die Astrid-Lindgren-Schule die wirtschaftliche Machbarkeit von Raumgewinnungsmaßnahmen geprüft. An allen drei Schulen mussten trotz kreativer Lösungen und maximaler Ausschöpfung vorhandener Kapazitäten in diesem Jahr erneut OGS-Kinder abgelehnt werden: an der Astrid-Lindgren-Grundschule 15 Kinder, an der Budica 13 Kinder, an der Grundschule Stakerseite 7 Kinder und an der GGS Vorst 4 Kinder. 27 weitere Kinder der zweiten Jahrgangsstufe stehen zudem auf einer Warteliste und hoffen ebenfalls weiterhin auf einen OGS-Betreuungsplatz. Die Raumnot ist also real und akut.
Die Astrid-Lindgren-Schule ist dauerhaft dreizügig nachgefragt, so allerdings ursprünglich nicht geplant. Im Moment behilft sich die Schule durch starke Doppelnutzung von Klassenräumen und ein verstreutes Betreuungskonzept. Die Stadt hat hierzu einer zusätzlichen Stelle für einen „Betreuungsspringer“ zugestimmt. Auch mit dieser Lösung wird ein weiterer Ausbau, d.h. ein fünftes Raummodul, zeitnah am Standort notwendig werden, auch um die inklusive Beschulung mit geeigneten Differenzierungsmöbeln zu erleichtern und die durch Doppelnutzung von Räumen auftretenden Probleme zu minimieren.
Das Gebäude der Budica ist von Experten als sanierungsbedürftig bis abgängig eingestuft worden. Es ist zudem zu klein für die bestehende Nachfrage und die Klassenzimmer entsprechen nicht mehr den heutigen pädagogischen Standards. Eine Sanierung und Erweiterung im Bestand erscheint schwierig, deshalb ist hier zukünftig ein temporärer Umzug in die Hubertusstraße angedacht. Dort stünden genügend Räumlichkeiten bereit, um allen Betreuungswünschen gerecht zu werden, bis der Neu- oder sanierte Erweiterungsbau steht. Wie andere, zeitnähere Maßnahmen vor Ort aussehen könnten, will die Stadt in einem der nächsten Schulausschüsse darlegen.
Ähnliches wie für die Budica gilt auch für die Matthias-Claudius-Schule. Sie ist sanierungsbedürftig und zu klein. Ferner sind die OGS-Kapazitäten ausgeschöpft. Da eine Sanierung und Erweiterung im Bestand nicht gut möglich sind, wird nach dem Umzug der Stakerseite eine temporäre Auslagerung der Schule angestrebt. Sollte sich der Umzug der Stakerseite nach hinten verschieben, muss über die Auslagerung der KiBe oder die Aufstellung weiterer Raummodule nachgedacht werden. Da dies am bestehenden Standort keineswegs unproblematisch ist, liegt die Hoffnung auf der zügigen Fertigstellung des Neubaus Stakerseite, die wir als Grüne nach besten Kräften unterstützen.
An der GGS Vorst wird ab diesem Jahr die Aula eine Doppelnutzung erfahren, um mehr Kinder in die OGS-Betreuung aufnehmen zu können. Auch hier wurden Gelder für eine zusätzliche Betreuungskraft bewilligt. Klar ist, dass hier ebenfalls zeitnah ein Erweiterungsbau für die Turn- und Gymnastikhalle notwendig sein wird. Bei zusätzlicher Ortsteilerweiterung von Vorst werden auch weitere Module aufgestellt werden müssen. Erweiterungsflächen gibt es hier glücklicherweise auf dem Schulgelände.
3.) Rückkehr zu G9
Als ob diese Liste nicht bereits schon lang und arbeitsintensiv genug wäre, gesellt sich noch die von Eltern lang gewünschte und zusätzlichen Raum fordernde G9-Erweiterung der beiden Gymnasien hinzu, die ebenfalls bis 2027 Realität sein soll.
Am GBG fehlen 6-8 Klassen- und Kursräume (9-11 Räume, falls eine Viereinhalbzügigkeit angestrebt wird). Zusätzlich ist ein Neubau für die Mensa, die Turnhalle und Betreuungsräume erforderlich. Um den Prozess der Raumbereitstellung zu beschleunigen, wäre eine Versetzung des Oberstufenmoduls der ehemaligen Gesamtschule, welches zwölf Fachräume bietet, an den Standort des GBGs möglich. Die Meinungen im Rat (und auch in der Koalition) gehen hier jedoch auseinander. Manche wünschen einen größeren Neubau, auch auf die Gefahr hin, dass dies länger dauern, deutlich teurer würde und auf längere Zeit, eine Pendelei von Schülern zu Räumlichkeiten außerhalb des GBG-Geländes notwendig machen würde, die pädagogisch fragwürdig, wenn nicht gar unmöglich ist. Mit Blick auf den Haushalt, die Vielzahl der Projekte, das Wissen um die Komplikationen bei Dependance-Lösungen und die schnell verstreichende Zeit erscheint uns Grünen eine Versetzung des bereits vorhandenen Oberstufenmoduls als beste Lösung.
Für das AEG reichen die Räumlichkeiten ebenfalls nicht aus. Die Nachfrage überschritt in der Vergangenheit auch ohne G9-Erweiterung bereits das Raumangebot, weshalb eine dauerhafte Viereinhalbzügigkeit im Gespräch ist. Das angrenzende VHS-Gebäude könnte hierbei unter Umständen Räumlichkeiten liefern, vorausgesetzt es kann eine Auslagerungslösung für einige der jetzt im Gebäude stattfindenden Angebote gefunden werden.
Ausblick: Prioritätensetzung
Aus schulpolitischer Sicht sind die Prioritäten für die nächsten Jahre eindeutig: Der Neubau Stakerseite muss ohne weitere Verzögerungen fertiggestellt und das Altgebäude Stakerseite in einen Zustand versetzt wird, um temporär die Schüler:innen der Matthias-Claudius- Grundschule beherbergen zu können. Hierdurch würde es an diesen beiden Standorten bereits nicht mehr zu OGS-Ablehnungen kommen. Nach Sanierung und Erweiterung der MCS am Altstandort wäre dann eine Entsiegelung des Altgeländes Stakerseite und eine Erweiterung des Stadtparks möglich.
Ferner bedarf die Astrid-Lindgren-Schule einer zügigen Erweiterung, um das inklusive Betreuungsangebot auf adäquate Beine zu stellen und der gleichbleibend hohen Nachfrage an dem Standort gerecht zu werden.
Mit Spannung sehen wir den Vorschlägen der Stadtverwaltung für die Budica entgegen. Da abgelehnte Kinder hier leider auch nicht auf einen KiBe-Platz hoffen können, ist es besonders wichtig, das Raumangebot an dem nicht besonders großen Standort vernünftig zu planen und dabei nicht aus dem Auge zu verlieren, dass die jetzigen Neubaugebiete weitere Familien nach Kaarst locken werden.